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Können wir zu den Sternen reisen?

Klare Antwort: Wir nicht. Uns fehlt die Energie. Aber vielleicht ein anderer. Oder etwas anderes.

Um zu den Sternen zu reisen, fehlt uns die Energie. Foto: Patrick Pleul/dpa

Warum wollen die Menschen nach den Sternen greifen? Weil sie neugierig sind. Dabei sein, wenn ein Stern entsteht, wenn er explodiert, einmal ein schwarzes Loch aus der Nähe sehen, bevor es einen selbst hineinzieht, oder, wie es Harald Lesch in seiner Sendung „alpha centauri“ über Sternenreisen sagte, „zu sehen, wie Pulsare pulsen oder wie auf anderen Planeten Lebewesen darüber nachdenken, wie sie ihre großen Probleme lösen”.

Es können auch praktische Gründe sein: In wenigen Milliarden Jahren wächst die Sonne zu einem roten Riesen an und das Leben auf der Erde verglüht. Rette sich, wer kann.

Unfassbar weit weg

4,24 Lichtjahre von unserem eigenen Sonnensystem entfernt liegt das nächstgelegene Ziel: der Stern Proxima Centauri. Wenn unser Sonnensystem einen Durchmesser von 100 Metern auf dem Münchner Marienplatz hätte, läge das bereits hinter Rom. Ein Raumschiff mit Lichtgeschwindigkeit benötigt 4,24 Jahre dorthin. Mit einem Zehntel der Lichtgeschwindigkeit ist die Besatzung immer noch über 42 Jahre unterwegs. Eine Rückkehr ist ausgeschlossen. Mit bisheriger Technologie würde die Reise über 40 000 Jahre dauern. Diese Beschleunigung verbraucht so viel Energie wie der gesamte Planet Erde in einem Jahr. Die Reisegeschwindigkeit zu verdoppeln, benötigte viermal so viel Energie.

Eine Studie aus dem Jahr 2010, der Wayland Report, hat das mit einem ideal konstruierten Raketenantrieb durchgerechnet. Die Mannschaft müsste alles mit an Bord haben, was sie in dieser Zeit bräuchte, inklusive Reparaturmöglichkeiten. Das ist zusammen mit dem Raumschiff ziemlich viel Zeug, also Masse.

Könnte in tausend Jahren die Sternenreise durchführbar sein? Hier ist es anders als bei der Luftfahrt, als sich damals keiner vorstellen konnte, dass der Mensch fliegen wird. Überall im Universum gelten die gleichen Gesetze und existieren die gleichen chemischen Elemente: „Wir wissen heute, dass es prinzipielle Grenzen gibt, die wir nicht überschreiten können. Die Lichtgeschwindigkeit ist eine davon, der Energieerhaltungssatz eine andere. Wir können nicht mehr verbrauchen, als wir haben”, sagt Harald Lesch. Das schließt aus, dass wir heute noch zu den Sternen reisen werden.

Künftige Generationen oder Generationenraumschiffe haben die gleichen Herausforderungen: Zu viel Masse braucht zu viel Energie.

Ein Microchip mit Flügeln

Hier springen der Physiker Steven Hawking und der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg ein. Sie nennen es „Breakthrough Starshot“, übersetzt „Durchbruch Sternenschuss“. Die Idee: Wir reduzieren die Masse. Ein Computerchip reicht, der noch Signale senden und ein paar Fotos von der Reise machen kann. Der Chip bekommt Licht-Segel, die Laserstrahlen oder Sonnenlicht reflektieren und den Mini-Computer-mit-Linse auf ein Fünftel der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Innerhalb von 20 Jahren könnte er sein Ziel erreichen, wenn nicht zum Beschleunigen und Abbremsen ebenfalls weitere Jahrzehnte nötig wären. Die ersten interstellaren Weltall-Touristen werden wohl Microchips mit zwei riesigen Flügeln sein – spannende Science-Fiction sieht anders aus. Aber man wird ja noch träumen dürfen.

1 Milliarde Kilometer pro Stunde

• Lichtjahr ist keine Zeiteinheit, sondern ein Maß für Entfernung: Die Strecke, die das Licht in einem Jahr zurücklegt mit einer Geschwindigkeit von etwa 300 000 Kilometer pro Sekunde, also rund eine Milliarde Kilometer pro Stunde.

• Der zur Sonne nächstgelegene Stern ist Proxima Centauri, 4,24 Lichtjahre entfernt. Das sind etwa 40 114 640 000 000 Kilometer. Der Mond ist etwa 384 400 Kilometer entfernt.

• Mit einem Zehntel Lichtgeschwindigkeit braucht ein Raumschiff mindestens 42 Jahre dorthin, die Zeit zum Beschleunigen und Abbremsen ausgenommen.

• Ein Raumschiff mit 500 Tonnen und sechs Astronauten braucht für die Reise zu Proxima Centauri über das 30-Millionenfache an Energie von dem, was die erste Mondreise verbraucht hat. Oder den Jahresverbrauch an Energie der Erde. Realistischere Schätzungen rechnen sogar mit dem Hundertfachen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf idowa.de und in der Freistunde des Straubinger Tagblatts.