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Inkontinente Planeten

Planeten verlieren auf Dauer Wasser.

Planeten, gerade wenn sie älter werden, verlieren Flüssigkeiten, also Wasser zum Beispiel. Das ist tragisch, denn die Faktoren, die für den Erhalt von Wasser sorgen, sind zerbrechlich. Die Erde hatte noch viel Glück. Bis jetzt.

Der Mars

Die große Frage, ob es auf dem Mars einmal Leben gegeben hat, ist abhängig von der Antwort, ob es dort einmal Wasser gegeben hat. Auch die Frage, ob wir einmal den Mars besiedeln wollen oder
können, ist davon abhängig, ob es noch Wasser dort gibt.

Immerhin gibt es dort noch Polkappen zwischen roten Sandstreifen, ähnlich wie auf der Erde. Das sollen aber nur noch zehn Prozent sein von dem Wasser, das auf dem Mars einmal Flussläufe und Seeböden gefüllt hat. Die sogenannte ExoMars Trace Gas Orbiter Mission hat die Atmosphäre des Mars in jüngster Zeit untersucht. Da kam raus, dass das Wasser durch die vielen Sandstürme in die Atmosphäre gelangt. Leider ist der Mars zu klein und seine Schwerkraft zu gering, als dass das Wasser Wolken bildet, es regnet oder gar schneit. Es zerfällt durch die UV-Strahlung der Sonne in seine Bestandteile und macht sich aus dem Staub ab in den Weltraum. Von seinem ursprünglichen Wasservorrat ist vielleicht grad noch ein Fünftel da, entweder als Eis oder aufgelöst in der Atmosphäre. Und diese hat Lücken in den Weltraum. Die Staubstürme wirken wie ein gigantischer Laubbläser, der das übrige Wasser ins Nirgendwo hin bläst.

Das wäre schon der erste Faktor: Wenn die Atmosphäre voll von verdunstetem Wasser ist, muss so viel Schwerkraft da sein, dass es nicht zerfällt und sich ins Weltall verflüchtigt, sondern wieder zurückfällt auf die Erde. Der Mars hat auch keinen Wald und keine Moore, die zusätzlich noch Wasser zurückhalten könnten.

Die Venus

Von dem verdunsteten Wasser, das noch in der Marsatmosphäre übrig ist, kann die Venus nur träumen. Wenn, dann gibt es dort nur noch sehr geringe Mengen. Das hat die Sonde Venus Express herausgefunden. Die Vergangenheit der Venus war vielleicht mal sehr wasserreich, heute ist sie trocken und heiß. Grund waren nicht Staubstürme wie beim Mars, sondern Sonnenwinde. Die Venus ist der Erde am ähnlichsten von allen Planeten in unserem Sonnensystem. Ähnliche Größe, ähnliche Masse. Nur ist sie viel näher an der Sonne. Auf ihrer Oberfläche herrschen 460 Grad Celsius, Wolken bestehen dort nicht aus Wasserdampf, sondern aus Schwefelsäure.

Die Sonne hat den Treibhauseffekt auf der Venus stark beschleunigt. Die Meere, die es dort einmal gab, verdampften. Die Sonnenwinde bliesen den Dampf auch wieder ins Weltall. Unwiederbringlich verloren.

Das ist ein zweiter Faktor, damit ein Planet sein Wasser behält: eine Atmosphäre, die den Treibhauseffekt nicht noch mehr unterstützt, als er es eh schon tut. Auch sieben Milliarden Menschen beeinflussen die Atmosphäre, nicht nur die Sonne oder Kühe.

Die Erde

Tragischerweise kann die Erde ihr Wasser auch nicht halten. Das Wasser unserer Ozeane ist mehr als vier Milliarden Jahre alt. Forscher aus Kopenhagen und Stanford haben etwa aus dieser Zeit Steine untersucht, die noch Wasser von damals gespeichert haben. Aus den unterschiedlichen Anteilen der Elemente zogen sie den Schluss, dass die Erde bis heute etwa ein Viertel ihres Wassers verloren hat, etwa die Menge des Atlantiks. Im Vergleich dazu ist die Erde noch relativ stabil mit ihrem Wasserhaushalt und noch nicht so inkontinent wie Mars oder Venus.

Die Frage ist nicht geklärt, ob die Erde einmal den Kurs des Mars einschlägt und ihr Wasserdepot verliert, oder den Kurs der Treibhaushölle der Venus nimmt, wo es Säure regnet.

Heutige Wasserverluste untersuchen sogenannte Hydrologen mithilfe von Grace-Satelliten. Demnach hat Deutschland in den letzten 20 Jahren Wasser verloren in der Größenordnung des Bodensees: etwa 2,5 Kubikkilometer. Bayern, Baden-Württemberg, Lüneburg sind besonders betroffen, aber eigentlich ist ganz Deutschland rot eingefärbt von den Satelliten und gehört daher zu den Regionen mit den höchsten Wasserverlusten weltweit. Starkregen fließt einfach ab und gelangt nicht ins Grundwasser, welches aber von Menschen zusätzlich abgepumpt wird, der Rest verflüchtigt sich in höhere Breiten. Aber wie wir von Venus und Mars gelernt haben, müssen wir das Wasser in einem Kreislauf halten, damit es nicht ins Weltall abhaut: Wälder, Moore, unversiegelte Böden, weniger Verbrauch, weniger Klimaverschiebung. Die Erde ist noch jung und nicht inkontinent.

Kurz und knapp

  • Wenn das Wasser auf einem Planeten mal weg ist, dann bleibts auch weg
  • Auf dem Mars kann man nicht mehr plantschen
  • Auf der Venus nicht mehr im Regen tanzen
  • Jeder auf der Erde kann etwas tun, damit sie ihr Wasser länger im Kreislauf halten kann

Der Artikel erschien zunächst auf idowa.de