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Die Erde ist auch nur ein Mensch

Oder besser gesagt, eine Frau. Und sie heißt Gaia. Auch alle anderen Planeten wären ebenfalls Lebewesen, ein ganzer Tierpark voll, geleitet von ebenfalls überdimensionalen Aliens, so die Gaia-Theorie. Das würde einiges im Universum erklären. Aber nicht alles.

Spielende Planeten

Es gab schon einmal eine Revolution. Die Teleskope wurden immer besser und die Planetenbahnen konnten genauer beobachtet werden. Leider machte das ganze immer weniger Sinn, wenn man davon ausgeht, dass die Erde im Zentrum des Universums steht. Es gab noch viele Versuche, die jahrhundertealte Theorie der Geozentrik zu retten, aber irgendwann musste es heißen: Game over. Sorry. Der Schreibtisch wurde leergefegt, nochmal neu angefangen. Vielleicht gibts ja ein Zentrum gar nicht. Und schon machte vieles im Universum auf einmal wieder Sinn.

Und so ging es in den 1970er Jahren auch dem Chemiker und Physiker James Lovelock und der Biologin Lynn Margulis. Sie wollten Leben auf dem Mars entdecken und untersuchten seine Atmosphäre. Diese war chemisch ziemlich ausgeglichen, was etwas seltsam ist. Das bedeutet, dass bei allen chemischen Reaktionen auch sofort chemische Gegenreaktionen stattfinden, die erneut für ein Gleichgewicht sorgen. Das könnte ein Hinweis sein für Leben auf dem Planeten. Bei der Erde ist es ähnlich. Der Planet selbst sorgt für ausgeglichene Bedingungen. Wie ein Organismus. Dieses Phänomen beschreibt der Astronom Florian Freistetter in seinen Sternengeschichten recht anschaulich (Folge 495, Twitter @astrodicticum) und erklärt die sogenannte Gaia-Theorie.

Die Erde als Lebewesen

Seit Leben auf der Erde existiert, ist die Leuchtkraft der Sonne um 25 bis 30 Prozent gestiegen. Das müsste für eine gehörige Erwärmung der Erde sorgen. Tut es aber nicht. Grund dafür sind Algen im Meer, die chemische Reaktionen auslösen. Sie sorgen dafür, dass die Sonnenstrahlen in der Atmosphäre nicht mehr so viel Wirkung haben. Das Gesamtsystem Erde bleibt lebensfreundlich. Beim Menschen ist es ja ähnlich: Wird es zu kalt, fängt der Körper zu zittern an, damit es ihm durch die Bewegung wärmer wird. Ist es zu warm, sondert er Schweiß ab, damit die Verdunstung das Gesamtsystem runterkühlt. Auch im Körper gibt es Materie, die nicht lebt. Nierensteine zum Beispiel. Das gehört manchmal leider dazu. Auch der Planet Erde hat unbelebte Materie.

So war der Schritt von Lovelock nur logisch: Man könne die Erde wie auch den Menschen als Gesamtsystem betrachten, einzelne Teile leben, andere nicht. Aber das Gesamtsystem könnte selbst ein Lebewesen darstellen. So scheint die Erde ein Organismus sein, der sich selbst regelt. Eben wie ein Mensch. Lovelock benannte diese These nach der griechischen Erdgöttin Gaia. Die Erde lebt. Und warum soll die Erde ein Einzelfall sein? Das Universum wäre ein einziger planetarischer Streichelzoo, manche Planeten eher einfache Gaslebewesen, andere sehr komplex und empfindlich wie die Erde. Das klingt verlockend und entspricht auch manchen Naturreligionen, die jedem Stein auch Leben zusprechen. Aber es gibt auch Kritik.

Leben ist schlecht für einen Planeten

Unterhalten sich Mars und Erde, sagt die Erde: „Und, wie gehts dir?“ Sagt der Mars: „Danke, habe gerade das Virus Mensch.“ Sagt die Erde: „Ja das hatte ich auch schonmal, das geht vorüber.“ Was ein Witz ist, ist auch eine Gegentheorie zu Lovelock, aufgestellt von dem Paläontologen Peter Ward im Jahr 2009. Als die ersten Mikroorganismen die Fähigkeit entwickelten, Sauerstoff zu produzieren, war das für die meisten anderen Organismen ein Gift. Nur wenige überlebten. Was für eine Randgruppe nützlich war, war für alle anderen schädlich. Das entspricht nicht einem Planeten, der sich selbst und seine Lebewesen am Leben erhalten will.

Folglich ist der Mensch selbst dafür zuständig, dass die Erde Bedingungen hat und diese erhalten werden, die für den Menschen günstig sind. Wenn es der Mensch schafft, dauerhaft für lebenswerte Bedingungen zu sorgen, macht ihn das möglicherweise einzigartig im Universum. Vielleicht ist diese hohe Kunst der Grund dafür, dass wir noch keinen Kontakt mit Außerirdischen gehabt haben. Bisher hat es noch keine Zivilisation geschafft, dauerhaft auf einem Planeten für lebenserhaltende Bedingungen zu sorgen.

In Kürze:

  • die Erde reguliert sich selbst so, dass Leben erhalten wird
  • das macht der menschliche Organismus ebenfalls
  • daher könnte die Erde als Planet ein gigantischer Organismus sein, das würde einiges erklären
  • das müsste kein Einzelfall im Universum sein
  • aber: Evolution interessiert sich nicht für das Überleben von Planeten
  • Leben schadet auch Planeten (Mensch)