Sind Zeitreisen möglich?
In die Vergangenheit reisen, um im Nachhinein im Lotto zu gewinnen oder Schulnoten zu verbessern? Oder in einer besseren Zukunft leben? Für Lichtteilchen wie die Photonen ist das vielleicht möglich. Und für russische Kosmonauten.
Zeitreisen könnten vieles durcheinander bringen. Michael J. Fox alias Marty McFly hat das in dem Film „Zurück in die Zukunft“ erfahren müssen: Die Möglichkeit, die Vergangenheit verändern zu können, kann die eigene Existenz in der Gegenwart gefährden. Wären seine Eltern in der Vergangenheit nicht erneut mit seiner Hilfe zusammen gekommen, wäre er nie geboren worden. Das ist Hollywood, aber keine Physik. Kann die Physik verhindern, dass ich mich selbst auslösche?
Dinner for one
Wie so oft findet sich nicht nur eine Antwort. Stephen Hawking ließ es auf ein Experiment ankommen. Er organisierte im Jahr 2009 eine Party für Zeitreisende. Die Einladungen verschickte er erst ein paar Tage später, um sicherzustellen, dass auch wirklich nur Zeitreisende kommen. Es kam keiner. Das hat ihn einerseits bestätigt, weil er im Vorfeld gezeigt hat, dass Zeitreisen nicht möglich sind, andererseits auch enttäuscht, weil er allein auf der Party war. So gesehen hätte er sich wiederum gefreut, wenn er sich in seinen Berechnungen geirrt hätte. Physik kann so unsozial sein.
An seiner Beerdigung durften ebenfalls Zeitreisende teilnehmen. Die Ticketreservierungen ließen Geburtsdaten bis ins Jahr 2039 zu. Leider hat sich beim Leichenschmaus keiner als Mensch aus der Zukunft geoutet.
Dabei waren Zeitreisende spätestens seit dem Roman „Die Zeitmaschine“ von H. G. Wells aus dem Jahr 1895 populär. Zumindest in den Köpfen der (Dreh-)Buchautoren und in vielen Wunschvorstellungen: Ach, könnte man nur die Zeit zurückdrehen! Oder anhalten.
In der Ruhe rast die Zeit
Für den Naturforscher Isaac Newton galten die Gesetze von Raum und Zeit noch als stabil und unveränderlich. Die Zeit als physikalische Größe ist messbar und kann nicht beeinflusst werden – bis Albert Einstein die Relativitätstheorie veröffentlichte, in der es nur noch eine Konstante gab: die Lichtgeschwindigkeit. Alles andere ist relativ, also auch Raum und Zeit. Je schneller sich ein Objekt bewegt und je näher seine Geschwindigkeit an die Lichtgeschwindigkeit heranreicht, desto langsamer vergeht für dieses Objekt die Zeit. Bei ruhenden Objekten vergeht die Zeit am schnellsten.
Tipp am Rande: Wer möglichst langsam altern will, sollte daher möglichst aktiv bleiben. Am besten mit annähernder Lichtgeschwindigkeit. Wenn wir ein Jahr lang mit einer Geschwindigkeit von zehn Milliarden Kilometern pro Stunde durch das Weltall fliegen würden, wären auf der Erde etwa 2,6 Jahre vergangen. Wir wären bei der Rückkehr also 1,6 Jahre in die Zukunft geflogen. Rein theoretisch. Ein Flug in die Vergangenheit ist problematischer. Für Albert Einstein war es unmöglich, da die Grenze der Lichtgeschwindigkeit immer und überall gelte. Der Mathematiker Kurt Gödel überreichte Einstein zu seinem 70. Geburtstag eine Berechnung des Universums, wonach ein Astronaut nur lange genug geradeaus fliegen müsse, um irgendwann wieder zu seinem Startpunkt zu gelangen – allerdings in seiner eigenen Vergangenheit. Das hat Einstein etwas verstört: Ein Raumschiff startet ins Universum und kehrt zurück, bevor es aufgebrochen ist. Bisher konnte diese Theorie auch nicht bestätigt werden. Keine großen Sprünge
Für Stephen Hawking war es in der Theorie möglich, den Raum in der Zukunft zu krümmen und so zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft reisen zu können, da Raum und Zeit untrennbar miteinander verbunden sind. Zurück in die Vergangenheit würde das nicht funktionieren, da unser Raumschiff die Lichtgeschwindigkeit durchbrechen müsste. Es würde eine unendliche Energiequelle voraussetzen. Doch das, was an Energie im Universum zur Verfügung steht, verhält sich wie mit einem ungünstigen Bankkonto. Es kann nicht überzogen werden, also ins Minus geraten.
Sind Zeitreisen nun möglich? Ja. Der russische Kosmonaut Sergei Konstantinowitsch Krikaljow flog mit 27 000 Kilometern pro Stunde durchs All, 803 Tage lang. Damit reiste er messbar in die Zukunft: ganze 0,02 Sekunden weit.
Fragen und Antworten
Sind Reisen in die Zukunft möglich? Ja. Erwiesenermaßen für Sekundenbruchteile.
Sind Reisen in die Vergangenheit möglich? Das ist unwahrscheinlich. Bisher ist das lediglich bei kleinsten Lichtteilchen, den Photonen, beobachtet worden.
Gibt es Zeitreisende? Ja. Bis jetzt nur einen. Der Russe Krikaljow lebt 0,02 Sekunden in der Zukunft – von uns aus gesehen.
Kann ich meinen eigenen Urururgroßvater besuchen? Unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass er dich aufsucht.
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