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Mit 60 Jahren die Jüngste im Team

Die Voyager-Sonden waren auf eine Flugdauer von vier Jahren ausgelegt. Nun fliegen sie seit 1977 in den Weltraum hinein. Ingenieure hatten unerlaubterweise bessere Komponenten verbaut. Doch nun geht es dem Ende der Reise entgegen.

Eine Illustration der Raumsonde Voyager 1. Sie fliegt seit dem Jahr 1977 durchs All – zusammen mit der baugleichen Voyager 2. Foto: NASA/dpa

In Pasadena, Kalifornien, leben und arbeiten nicht nur die Forscher aus der Big Bang Theory, auch die Raumfahrtbehörde NASA betreibt dort ein Zentrum, in dem die meisten Raumsonden gesteuert werden, die gerade unterwegs sind. Im Oktober 2022 ist der Projektleiter Edward Stone, der seit 1972 das Sondenprojekt Voyager betreute, mit 86 Jahren in Ruhestand gegangen. 50 Jahre kümmerte er sich um zwei Sonden, die 1977 gestartet waren, um unser Sonnensystem zu verlassen. Sie flogen an Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun vorbei und übermittelten den Menschen wertvolle Bilder und Daten. 1998 war die Voyager 1 weiter entfernt und tiefer im Weltraum als alles, was der Mensch bis dahin geschaffen hat. Im Jahr 2023 werden die letzten wissenschaftlichen Geräte deaktiviert werden. Für den Fall, dass Aliens diese Sonden finden, wurde eine goldene Schallplatte mitgeschickt, auf der die wichtigsten Informationen über die Menschheit gespeichert waren.

Voyager Golden Record

Auf dem Cover der goldenen Schallplatte ist in symbolischer Sprache geschrieben, wie die Daten zugänglich gemacht werden können. Eine Nadel, die die Datenspur bei einer Geschwindigkeit von etwas mehr als 16 Umdrehungen pro Minute abfährt, ist ebenfalls mit dabei. Neben Grüßen in verschiedenen Sprachen waren auch Musikaufnahmen von Bach, Beethoven, Mozart, Chuck Berry und Louis Armstrong dabei. Auch der damalige Präsident der USA Jimmy Carter sprach eine Nachricht: „Dies ist ein Geschenk einer kleinen, weit entfernten Welt, eine Probe unserer Klänge, unserer Wissenschaft, unserer Bilder, unserer Musik, unserer Gedanken und unserer Gefühle. Wir versuchen, unser Zeitalter zu überleben, um so bis in Eure Zeit hinein leben zu dürfen.“ Im Museum für Kommunikation in Nürnberg ist ein Duplikat ausgestellt.

Aus der Raumzeit gefallen

1977 dachte niemand daran, dass Computer eines Tages viele Kinderzimmer dieser Welt eroberten, geschweige denn Platz in ihnen hatten. Der Rechner des Kommunikationssystems der Voyager lief mit 1,9 MHz. Ein Iphone 13 hat einen Prozessor mit 3,24 GHz, das 1705-fache einer Sonde. Das eine Gerät spielt tollpatschige Katzenvideos ab, das andere macht Aufnahmen vom Rande unserer Milchstraße.

Die Rechner, die in Pasadena stehen und die Sonden kontrollieren, sind gefährdet. Die Teammitglieder, die die Technik noch verstehen, werden weniger. Die jüngste im Team ist Suzanne Dodds mit über 60 Jahren. Auch sie denkt über Rente nach: „Ich bin hier, jeden Tag. Und ich kümmere mich jeden Tag um Voyager. Ich würde sie gerne 50 Jahre lang fliegen sehen. So lange sollten wir durchhalten. … Ein Funksignal wird uns nach wie vor sagen, dass die Sonden am Leben sind und dass sie die goldene Schallplatte quer durch unsere Galaxie tragen. – Und dann dürfte ich wohl auch endlich in Rente gehen.“ So langsam dürfte dieser Moment kommen. Die Batterien der Voyager Sonden verlieren jedes Jahr 1,4 Prozent.

Die NASA hofft, dass die Menschen, die noch Maschinensprache beherrschen, länger durchhalten als die Sonden.

Doch es gibt noch andere Gefahren. Die Kontrollrechner sehen aus wie Museumsstücke. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Reinigungskraft etwas wegräumt, was eigentlich ein Kunstobjekt darstellen sollte. Die grauen Kästen sieht man eher am Schrottplatz als in einem NASA Kontrollzentrum. Die Computer werden geschützt mit einem Schild: „Voyager Mission Critical Hardware – Please do not touch.“ Ist das Wissenschaft oder kann das weg?

Zwei einzigartige Sonden

Auf vier oder fünf Jahre war die Mission angelegt, nun haben „die verflixten Dinger das Zehnfache ihrer Garantiezeit durchgehalten«, meint Ralph McNutt vom Team. Jetzt sind sie im leeren Raum, Fotos würden nur noch Dunkelheit abbilden. Carl Sagan überzeugte die NASA, die Kameras zum Abschluss nach hinten zu richten, auf die Sonne. Es entstand eine der berühmtesten Aufnahmen — ein Blick auf die Erde von einer Entfernung des 40-fachen Abstands von Sonne und Erde, am Valentinstag in 1990, eine Liebeshommage an die Erde: Der „Pale Blue Dot“.

Auf einen Blick

  • Noch nie ist ein von Menschen gemachtes Objekt weiter in den Weltraum eingedrungen als die beiden Voyagersonden aus dem Jahr 1977
  • Unerlaubterweise haben Ingenieure bessere Komponenten verbaut
  • So langsam geht ihnen die Energie aus
  • Viele berühmte Aufnahmen der Planeten Jupiter, Uranus, Saturn, Neptun haben wir ihnen zu verdanken

Der Artikel erschien zunächst auf idowa.de