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Die Frage nach dem Urknall oder nach der Schöpfung

Für viele ist die Frage bereits geklärt. Die Naturwissenschaft hat gewonnen. Doch oft ist ein intuitiver Eindruck nicht der zutreffendste. Auch das lehrt die Naturwissenschaft. Die Frage nach dem Anfang bleibt immer noch.

Gewollt oder einfach da, was ist eine Erklärung? Foto: pixabay, Common Licence

Der berühmte Gottesbeweis von dem mittelalterlichen Theologen Thomas von Aquin (1225–1274) war lange Zeit unwidersprochen. Für jedes Ereignis gibt es eine Ursache. Doch diese Kette kann nicht ewig in die Vergangenheit reichen. Irgendwann ist das Ende oder der Anfang der Kette erreicht. Und dieses letzte Kettenglied darf deswegen kein weiteres hinter sich herziehen. Daher muss es eine Ursache geben, die selbst keine Ursache hat und die die Energie des Universums erschaffen hat. Das wäre das, was die Christen „Gott“ nennen.

Es gibt noch eine andere Version des Arguments, das nicht von einem Anfang ausgeht, sondern von der Wirklichkeit, wie sie existiert. Diese braucht einen Grund für ihre Existenz, was letztlich auf ein Gottesbild eines „Erhalters der Schöpfung“ hinausläuft.

Enttäuschte Theologen

Die klassische Physik ist nur gültig bis zu einer bestimmten Grenze in die Vergangenheit (die sogenannte Planckzeit). Für den Urknall an sich greifen Kosmologen lieber auf die Quantentheorie zurück. Doch hier lässt sich wie bei jeder anderen Erklärung die Frage aufteilen nach den Gesetzen, die dort eine Rolle spielen sollen, und von welchen Anfangsbedingungen die Erklärung ausgeht. Auch hier stößt die Quantentheorie an ihre Grenzen.

Nun gibt es sogenannte „naive“ Theologen, die immer dort Gott ins Spiel bringen, wo naturwissenschaftliche Theorien – vorerst – an ihre Grenzen stoßen. So beschreibt es der Professor für Philosophie an der Hochschule für Philosophie SJ in München, Stefan Bauberger, in „Was ist die Welt“, Kohlhammer 2018. Eine Gefahr besteht darin, Gott selbst als weitere Ursache in einer langen Ursachenkette von naturwissenschaftlichen Reaktionen zu sehen, auch wenn Gott als Erstursache eine besondere Stellung innehat. Aber hier liegt das Problem: Auch die Sonderstellung wäre Teil eines Gesamtsystems. Das passt aber nicht zu der Gottesvorstellung, wonach Gott absolut über der gesamten Schöpfung thront. Die Theologen sprechen von der transzendenten Bedeutung von Gott.

Alternative Erklärungen

Der Physiker Stephen Hawking stellt sich die Frage, was wäre, wenn das Universum nicht offen, sondern in sich abgeschlossen wäre. Es hätte keine Grenze, keinen Rand, kein Anfang oder Ende. Wenn ich auf einem Fußball laufe, komme ich auf diesem nie an ein Ende oder einen Anfang: „Es würde einfach sein. Wo wäre dann noch Raum für einen Schöpfer?“ (1988)

Der Philosoph Richard Swinburne schreibt um die gleiche Zeit etwa, „dass es wahrscheinlicher ist, den Kosmos als vorsätzliche Handlung eines Vernunftwesens zu erklären statt nur mit einem naturwissenschaftlichen Gesetz.“ Er geht davon aus, wenn wir uns als Person verstehen und die Personenwürde so einen hohen Wert hat im Universum, so müsste doch das personale Prinzip auch irgendwie in einer Letzterklärung des Universums auftauchen.

Vielleicht doch kein Entweder-Oder

Auch hier kommen Naturalisten in Versuchung, das theologische Treiben etwas zu belächeln. Doch sie teilen mit Hawking den Standpunkt, zu sagen, das Universum ist einfach da. Damit verzichten sie auf eine Erklärung bzw. denken über die Vorbedingungen ihrer Erklärung nicht mehr weiter nach. Swinburne und andere Theologen stehen andererseits in der Versuchung, Gott als Ursache in einer weltlichen Ursachenkette selbst zu verweltlichen.

Es bleibt die Frage, ob wir das Personale einfach aus einer Erklärung des Universums streichen können oder dürfen. Die Quantentheorie lässt sich nur verstehen, wenn die Person, die die Messung macht, miteinbezogen wird. Vielleicht ist die Frage, warum das Universum überhaupt da ist und nicht vielmehr nichts existiert, damit zu beantworten, dass seine Existenz gut ist? Und alles, was gut ist, wird meist auch gewollt. Der Physiker und Philosoph Bauberger zieht die Parallele: „Wie es die objektive Wirklichkeit nicht losgelöst vom erkennenden Subjekt (wir) gibt, so gibt es sie nicht, ohne dass sie gewollt ist, weil sie gut ist.“ Damit wäre die personale Seite der Wirklichkeit in einer Letzterklärung der Welt inbegriffen. Und das hat schon einen hohen Wert.

Kurz und bündig:

  • „Das Universum ist einfach da“ ist keine Erklärung (Physik)
  • „Gott hat die Welt verursacht“ hinterlässt ein „naives“ Gottesbild (Theologie)
  • Wenn es gut ist, dass etwas existiert, zumindest besser als nichts, ist die Welt vielleicht auch gewollt, inklusive uns Menschen

Der Artikel erschien zunächst auf idowa.de