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Da rauscht was

Wenn im Kopfhörer etwas rauscht, ist das meist kein gutes Zeichen. Da stimmt etwas nicht und man will es los werden. So ging es auch zwei Physikern in den 1960er Jahren. 1978 erhielten sie dafür den Nobelpreis.

Der Physiknobelpreisträger und gebürtige Münchner Arno Penzias ist im Januar 2024 gestorben. Penzias arbeitete mit seinem Kollegen Wilson bei einer amerikanischen Telefonfirma, Bell Company. Diese forderte von den beiden, empfindliche Radioempfänger zu bauen, die in Satelliten das Radio- und Fernsehsignal verstärken könnten. Doch da rauschte etwas, und dieses Rauschen wurden sie nicht los. Es könnte an den Messinstrumenten liegen.

Taubendreck

Über ein Jahr dauerte die Suche. Vielleicht lag es am Radioteleskop selbst. Nunja, Ursache gefunden. Im Teleskop nisteten Tauben. Die Ratten der Lüfte. Also mussten die Wissenschaftler die Schrubber in die Hand nehmen und die Vögel verlegen.

Freudig, endlich die Ursache gefunden zu haben, schalteten sie die Empfänger wieder ein, und siehe – es rauschte. Völlig egal, wohin sie ihre Antenne ausrichteten. Verzweifelt riefen sie bei der benachbarten Universität in Princeton an. Sie hatten nur die Ahnung, dass das Rauschen, wenn es nicht von der näheren Umgebung käme (Teleskop, Stadt, Amerika, Erde, Sonne, Milchstraße), dann müsse es von sehr weit her kommen.

Das Universum dehnt sich aus

In Princeton war man gerade mit ganz anderen Dingen beschäftigt.

Der Astronom Edwin Powell Hubble machte in den 1920er Jahren mit seinem Teleskop die Beobachtung, dass sich das Licht eines Sterns im Universum mit der Zeit ins Rötliche verschiebt, seine Lichtwellen werden länger. Der Stern scheint wegzufliegen.

Zu der Zeit hatten einige Physiker die Überzeugung, das Universum wäre statisch. So, wie es gerade ist, war es im Grunde schon immer so. Andere gingen von einem expandierenden Universum aus, ein Universum, das sich ausbreitet. Aber nur wenige, wie etwa der Russe George Gamow, zogen den Rückschluss, dass ein expandierendes Universum auch einen Anfang haben könnte, in dem es sehr klein, dicht und heiß war. Dieser „Big Bang“ würde eine Art Licht verursachen, das sich über die Jahrmilliarden veränderte, und auch heute noch nachweisbar sein müsste. Diese „Hintergrundstrahlung“ hatte er bereits 1948 vorausgesagt. Seither suchte Robert Henry Dicke in Princeton verzweifelt nach Beweisen für diese Hintergrundstrahlung. Und dann kam der Anruf von Penzias, sie hätten ein Teleskop mit einem Durchmesser von 20 bis 30 Metern voller Rauschen und voller Vogelmist und keine Ahnung, woher das käme. Es kam von überall her. Also das Rauschen.

Keine Gerade zwischen zwei Punkten

Penzias und Wilson brachten die Theorie, die in Princeton verwendet wurde, mit ihren Beobachtungen zusammen. Princeton untersuchte, wie die Grundelemente des Universums, vor allem Helium, entstanden sein könnten, und welche Strahlung dabei auftreten würde. Penzias hatte ein Grundrauschen, das er aber noch nicht von Vogelmist unterscheiden konnte. Die einen suchten etwas verzweifelt, die anderen wollten es loswerden.

Penzias und Wilson haben die Strahlung zweimal gemessen und zwei unterschiedliche Daten bekommen. Sie berechneten eine Kurve anhand der zwei Daten, die – sagen wir mal so – sehr kreativ war. Aber aufgrund dessen errechneten sie die Hintergrundstrahlung, wie sie schließlich 1992 mit Hilfe eines Satelliten bestätigt werden konnte. Und dafür erhielten sie damals den Nobelpreis. Böse Zungen könnten sich natürlich fragen, wer den Preis mehr verdient hätte: diejenigen, die aufgrund neuartiger Theorien und physikalischer Berechnungen die Hintergrundstrahlung vorausgesagt hatten, oder diejenigen, die sie fanden und für Vogelmist gehalten haben.

Wir existieren, weil es nicht perfekt ist

Die Hintergrundstrahlung wurde damals mit einer Temperatur von -268 Grad errechnet. Exakte Messungen kommen nun auf -271 Grad, was darauf schließen lässt, dass das Universum etwas älter ist als gedacht. Auch gibt es minimale Schwankungen. Diese Schwankungen sorgen dafür, dass es im Universum einen Energiefluss gibt, der dafür verantwortlich ist, dass es uns Menschen gibt. Menschen haben ebenfalls eine Art Energiefluss: Oben kommt was rein, unten raus, dazwischen entsteht Energie, die uns am Leben hält.

Kurz und bündig

  • früher dachten einige, so wie das Universum jetzt ist, war es schon immer. Tradition.
  • Andere beobachten Sterne, die wegfliegen: das Universum breitet sich aus.
  • Was voneinander wegfliegt, hatte früher wohl ein Zentrum: Der Urknall
  • Die Lichtstrahlen des Urknalls bilden die heutige Hintergrundstrahlung – der Beweis für den Urknall.
  • Dieser Beweis wurde zunächst für Vogelmist gehalten.

Der Artikel erschien zunächst auf idowa.de