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Merkur: Ein Planet zwischen Feuer und Eis

Wenn das Wetter schon auf der Erde unberechenbar erscheint, ist der Planet Merkur eine ganz andere Liga.


Merkur, der sonnennächste Planet unseres Sonnensystems, ist ein Ort der Superlative. Tagsüber heizt die Sonne seine Oberfläche auf brutale 430 Grad Celsius auf – da schmilzt nicht nur Schokolade, sondern auch Blei. Nachts hingegen kann es bis zu minus 180 Grad kalt werden. Das ist so, als würde man tagsüber am Strand von Dubai brutzeln und nachts plötzlich in der Antarktis landen – ohne Jacke.

Neben den extremen Temperaturen gibt es auf Merkur keine Atmosphäre, die als Schutzschild dient. Kein Wind, kein Wetter, keine Wolken – nur gnadenlose Strahlung von der Sonne. Wer auf Sonnenschutzfaktor 100 schwört, hätte hier ohnehin schlechte Karten. Zusätzlich gibt es keinerlei Wasservorkommen in flüssiger Form, was bedeutet, dass klassische Wetterphänomene wie Regen oder Stürme ausgeschlossen sind. Wettervorhersagen wären auf Merkur eine ziemlich monotone Angelegenheit.

Tiefe Auswirkungen auf die Planetenkruste

Diese Temperatursprünge sind nicht nur eine Herausforderung für Thermometer, sondern setzen auch der Oberfläche Merkurs zu. Die ständige Ausdehnung und Kontraktion von Gestein führt zu Spannungen und Rissen, die bis in mehrere Kilometer Tiefe reichen können. Im Prinzip ist Merkur also ein gigantischer Stein, der täglich eine XXL-Wärmebehandlung und anschließende Schockfrostung durchmacht.

Hinzu kommt, dass Merkur voller Krater ist. Ohne eine schützende Atmosphäre schlagen Asteroiden ungehindert ein. Im Gegensatz zum Mond gibt es hier aber keinen Erosionsprozess, der die Spuren mit der Zeit verwischt. Wer also in der Vergangenheit auf Merkur eingeschlagen ist, dessen Krater ist vermutlich immer noch zu sehen. Manche dieser Krater haben zudem Namen berühmter Künstler und Wissenschaftler erhalten – eine Art kosmische Hall of Fame für Himmelskörper.

Merkurs besondere Rotation

Doch warum sind die Bedingungen auf Merkur so extrem? Einer der Hauptgründe ist seine eigentümliche Rotation. Während ein Tag auf der Erde nur 24 Stunden dauert (zum Glück!), braucht Merkur für eine vollständige Drehung um die eigene Achse satte 59 Erdtage. Gleichzeitig dauert ein Merkurjahr – also seine Umrundung der Sonne – nur 88 Tage. Das bedeutet, dass ein Tag auf Merkur fast so lange dauert wie zwei Drittel eines Jahres. Wer dort Geburtstag hat, müsste sich gut überlegen, wann gefeiert wird – vielleicht einfach durchgehend?

Ein weiteres Kuriosum: Aufgrund der Bahnbewegung kann es passieren, dass die Sonne für einen Beobachter auf Merkur kurz zurückwandert, bevor sie weiterzieht. Das ist Astronomie zum Staunen – oder zur Verwirrung. Für Astronomen ist Merkur daher eine Herausforderung, weil er sich von der Erde aus nur schwer beobachten lässt. Seine Nähe zur Sonne macht ihn oft unsichtbar, was dazu führt, dass er lange Zeit weniger erforscht wurde als andere Planeten.

Forschung mit Raumsonden

Unsere Kenntnisse über Merkur verdanken wir vor allem Raumsonden wie Mariner 10 und MESSENGER. Diese haben bereits eine Fülle von Daten geliefert, die zeigen, dass Merkur trotz seiner rauen Bedingungen ein faszinierender Forschungsgegenstand ist. Aktuell ist die europäisch-japanische Raumsonde BepiColombo unterwegs, um Merkur weiter zu untersuchen. Warum? Weil Menschen eben nicht genug davon bekommen können, selbst den unwirtlichsten Felsen im Universum auf den Zahn zu fühlen.

Die Forschungen werden unter anderem durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) unterstützt. Die Wissenschaftler dort sind besonders an der Zusammensetzung des Gesteins und den thermischen Prozessen auf Merkur interessiert – schließlich gibt es kaum ein anderes Objekt im Sonnensystem, das einem solchen Härtetest unterzogen wird. Zudem könnte das Verständnis der geologischen Prozesse auf Merkur Rückschlüsse auf die Entwicklung anderer Himmelskörper zulassen – sogar auf Exoplaneten außerhalb unseres Sonnensystems.

Kurzinfo

  • Temperaturunterschiede: Schwankungen von 600 Grad Celsius zwischen Tag und Nacht – ideales Klima für Extremsportler.
  • Rotationsperiode: Ein Tag dauert fast 59 Erdtage. Wer auf Sonnenaufgänge steht, muss Geduld mitbringen.
  • Forschung: Raumsonden wie MESSENGER und die aktuelle BepiColombo-Mission erforschen den Planeten.
  • Kraterlandschaft: Ständig neue Einschläge ohne natürliche Erosion – eine Zeitkapsel der Planetenentstehung.
  • Beobachtungsschwierigkeiten: Aufgrund der Nähe zur Sonne ist Merkur von der Erde aus schwer zu sehen, was seine Erforschung erschwert hat.