Welt&All

Als das Universum noch ausgeschlafen hat

Vor rund 13 Milliarden Jahren war das All stockdunkel. Keine Sterne, kein Licht, nur Wasserstoff – das war die Ruhe vor dem großen Strahlen.


Nach dem Urknall war erst einmal Stille. Klar, es war heiß, dicht und chaotisch – aber dann wurde es überraschend ruhig. Die Materie kühlte ab, erste Atome bildeten sich, hauptsächlich Wasserstoff. Und das Licht? Das war gefangen. Erst 380.000 Jahre nach dem Urknall konnten Photonen frei durchs All reisen. Diese Phase nennt man die „Rekombination“. Danach: Finsternis.

Nach dem Dunklen Zeitalter begann die sogenannte Reionisationsphase. Dabei handelt es sich um den Prozess, bei dem die ultraviolette Strahlung der ersten Sterne und Galaxien den neutralen Wasserstoff wieder in Protonen und Elektronen aufspaltete.

Und davor, der Vollständigkeit halber, in den allerersten Phasen des Kosmos? Die „Inflation“ war eine extrem schnelle Ausdehnung des Universums in den ersten Sekundenbruchteilen. Das Quark-Gluon-Plasma war ein heißer, dichter Zustand, in dem Quarks und Gluonen (die Bausteine von Protonen und Neutronen) frei umherflogen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ein Universum im Dunkelmodus

Was hat es nun mit dem sogenannten „kosmischen Dunklen Zeitalter“ auf sich? Sterne? Fehlanzeige. Galaxien? Noch in Arbeit. Es war ein epochaler Leerlauf, kosmisch gesehen ein ausgedehntes Nickerchen. Kein Licht, keine Farben, nur Wasserstoff und Gravitation. Die Zeit zwischen dem Ende des grellen Urknall-Feuerwerks und dem Aufblitzen der ersten Sterne dauerte Hunderte Millionen Jahre – also länger als ein durchschnittliches WLAN-Problem.

In dieser Phase war das Universum optisch so spannend wie ein schlecht beleuchteter Keller: Es war alles da, aber man sah nichts. Die Hintergrundstrahlung war zwar vorhanden, aber das menschliche Auge (hätte es denn existiert) wäre hoffnungslos unterfordert gewesen. Die Dichteunterschiede im Wasserstoff bildeten erste kosmische „Wolken“, in denen sich Materie langsam verdichtete.

Langsam wird’s hell

Dann kam die „kosmische Morgendämmerung“: Erste Sterne zündeten, riesig und heiß, leuchteten ins Dunkel. Ihre Strahlung ionisierte den Wasserstoff – das All wurde wieder durchsichtig. Nach und nach entstanden Galaxien, Sterne, Schwarze Löcher. Das Universum kam in Schwung. Man könnte sagen: Die kosmische Party begann, mit Lichtgeschwindigkeit.

Diese ersten Sterne, sogenannte Population-III-Sterne, waren nicht nur groß, sondern auch kurzlebig. Sie bestanden fast ausschließlich aus Wasserstoff und Helium, da es schwerere Elemente damals noch nicht gab. Sie brannten hell und vergingen schnell in Supernovae, die schwere Elemente ins All schleuderten – das Rohmaterial für spätere Generationen von Sternen, Planeten und Menschen. Ohne diese explosive Phase wären wir nicht hier, um darüber zu spekulieren.

Was im Dunkeln begann

Fest steht: Ohne die dunkle Zeit gäbe es uns nicht. In dieser Phase bildeten sich die ersten kosmischen Strukturen – die Keime der heutigen Galaxien. Dunkel, aber entscheidend.

Und: Dieses Zeitalter ist wissenschaftlich schwer zu erforschen. Weil es keine direkten Lichtquellen gibt, sind Teleskope auf Umwege angewiesen. Radioteleskope wie LOFAR (Low Frequency Array) oder das geplante SKA (Square Kilometre Array) versuchen, das Echo der kosmischen Dunkelheit aufzufangen. Ein bisschen wie eine Spurensuche in absoluter Finsternis – mit hochsensiblen Antennen statt Taschenlampen.

Die Wissenschaft in Lauerstellung

Heute interessiert sich die Kosmologie brennend für diese dunkle Phase. Warum? Weil sie die Struktur des Universums vorgibt. Je besser wir verstehen, wie sich in der Dunkelheit Materie verklumpte, desto besser verstehen wir auch, wie unser Kosmos aussieht. Ironischerweise braucht es modernste Technik, um in die dunkelste Zeit der Weltgeschichte zu blicken. Das ist nicht nur physikalisch spannend, sondern auch philosophisch: Licht kommt nie ohne Dunkelheit.

Kurzinfo: Die dunkle Frühzeit des Alls

  • 380.000 Jahre nach dem Urknall: Licht wird frei – aber es bleibt dunkel.
  • Dunkles Zeitalter: Keine Sterne, keine Galaxien, nur neutraler Wasserstoff.
  • Kosmische Morgendämmerung: Erste Sterne bringen Licht – das Universum wird sichtbar.
  • Forschung heute: Radioteleskope lauschen dem Echo der Dunkelheit.
  • Warum es wichtig ist: Ohne Dunkelzeit keine Galaxien, keine Sterne, kein Leben.

Quelle:

scinexx.de: Dossier „Das dunkle Zeitalter“