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Müllproblem im All: Wenn der Weltraum zur Müllkippe wird

„Oben“ wird’s eng: Tausende alte Satelliten und Raketenreste sorgen für kosmisches Chaos.

Der Weltraum mag unendlich groß erscheinen – der Bereich rund um die Erde ist es nicht. In den letzten Jahrzehnten haben Satelliten, Raketenstufen und Trümmerteile eine gigantische Müllhalde im All geschaffen. Aktuell werden rund eine Million Teile Weltraumschrott gezählt, die größer als ein Zentimeter sind. Selbst winzige Teilchen können mit unfassbarer Geschwindigkeit unterwegs sein – und das mit Folgen, die kaum vorstellbar sind.

Gefährliche Kollisionen

Jedes dieser Trümmerstücke rast mit bis zu 28.000 Kilometern pro Stunde um die Erde. Ein Aufprall bei dieser Geschwindigkeit wäre so, als würde ein Schraubenschlüssel mit einem Düsenjet zusammenstoßen. Selbst kleinste Lackreste können Satelliten oder Raumstationen gefährlich werden. Besonders die Internationale Raumstation ISS muss regelmäßig ausweichen, um nicht zum Spielball dieser unsichtbaren Gefahr zu werden. So mancher Ausweichmanöver fühlt sich dort an wie kosmisches Bürokratie-Jonglieren: Kurs korrigieren, Rechnung schreiben, weiterschweben. Denn das braucht Treibstoff, der nach oben transportiert werden muss, und das kostet. Nicht unerheblich.

Der Ursprung des Müllbergs

Viele der Trümmer stammen aus den Anfängen der Raumfahrt: ausgediente Satelliten, explodierte Raketenstufen oder Trümmer nach Kollisionen. Besonders berüchtigt ist der Vorfall von 2007, als China einen eigenen Satelliten testweise abschoss und damit tausende Trümmerteile produzierte. Seitdem wächst das Müllproblem stetig an – ganz ohne Müllabfuhr. Und weil die Trümmer ewig oben bleiben, könnte der Orbit irgendwann aussehen wie ein überquellender Mülleimer, den niemand mehr ausleeren will.

Das Kessler-Syndrom – eine düstere Zukunftsvision

Forscher warnen vor dem sogenannten Kessler-Syndrom: Immer mehr Trümmer erzeugen immer neue Kollisionen, die weiteren Schrott produzieren – bis am Ende eine dichte Wolke aus Trümmern den niedrigen Erdorbit blockiert. Satellitenstarts? Unmöglich. Internationale Raumfahrt? Zu riskant. Kommunikation, Navigation und Wettervorhersage? Plötzlich offline. Ein Szenario, das man sonst nur aus dystopischen Science-Fiction-Filmen kennt.

Was tun gegen den Schrott?

Wissenschaftler und Raumfahrtagenturen suchen fieberhaft nach Lösungen. Eine Idee: Mit riesigen Fangnetzen oder Harpunen den Müll einfangen – klingt nach Science-Fiction, ist aber ernst gemeint. Auch Laser sollen helfen, Trümmerteile aus der Bahn zu schubsen und kontrolliert verglühen zu lassen. Die Europäische Raumfahrtagentur ESA plant sogar eine eigene Müllmission namens „ClearSpace-1“, die 2026 starten soll. Ein kosmischer Müllmensch mit Greifarm.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) forscht ebenfalls an Konzepten, um dem Müll Herr zu werden. Denn klar ist: Wenn es so weitergeht, könnte der niedrige Erdorbit irgendwann so vermüllt sein, dass Starts ins All gefährlich oder gar unmöglich werden. Ein kosmischer Stau der besonderen Art.

Warum das Problem alle betrifft

Viele denken beim Weltraum an ferne Galaxien und Astronauten mit schwebenden Cornflakes. Tatsächlich aber hängen täglich genutzte Dienste am Tropf der Raumfahrt: GPS, Internet, Handyempfang und selbst TV-Streams von Fußball-WM oder ESC – sie alle sind von Satelliten abhängig. Wenn die Raumfahrt durch zu viel Schrott ausgebremst wird, bleibt es nicht bei ein paar verpassten Raketenstarts. Dann stehen weltweit Kommunikationsnetze still.

Und auch für die Zukunft der Raumfahrt wäre das fatal. Geplante Missionen zum Mond, zu Asteroiden oder zum Mars – sie alle müssten den Müllgürtel passieren, mit unkalkulierbarem Risiko. Selbst kommerzielle Projekte wie Weltraumtourismus würden zum Glücksspiel. Wer will schon seinen Kurztrip ins All mit einem Volltreffer beenden, weil eine alte Schraube durchs Cockpit fliegt?

Zum Weiterlesen:

Enno Schöningh hat dazu einen guten Artikel in der taz geschrieben, weitere seriöse Quellen zum Thema sind das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Europäische Weltraumorganisation (ESA).

Kurzinfo: Weltraumschrott im Blick

  • Größe des Problems: Über eine Million Trümmerteile größer als ein Zentimeter – Tendenz steigend.
  • Gefahr: Selbst kleinste Teilchen können Satelliten zerstören oder Astronauten gefährden.
  • – Betroffen sind alle: GPS, Internet, Navigation und Kommunikation könnten ausfallen.
  • Lösungsansätze: Fangnetze, Harpunen, Laser, spezielle Müllmissionen – und ganz viel Forschung, unter anderem am DLR.