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Pannenhilfe (Pfarrbriefbeitrag 3_2015)

Was Dichten nicht nur mit Reifen Abdichten zu tun hat

Eigentlich war es heute sehr windig. Es war nicht einer dieser Schneetage, an denen sich die Sterne in der Schneeoberfläche spiegelten. Der Nikolaus nahm es aber gelassen, er war für dieses Wetter ausgestattet. Sein roter Mantel war dick gefüttert, er hatte warme Fäustlinge an und seine Elche stoben durch die Landschaft als gäbe es kein schlechtes Wetter. Die Zügel ruhten stramm in seinen Händen, er träumte in das Schneetreiben hinein. Seine Jahreszeit nahm ihren Anfang.

Die Krise

Ein harter Stoß riss ihn aus seinen Träumen. Hatten die Elche, die seinen Schlitten zogen, ein paar Schneewehen übersehen? Die Elche, ein stolzes Paar, das mit beeindruckenden Schaufeln ausgestattet den Schlitten zogen, schienen etwas verwirrt zu sein und blieben stehen. Der Nikolaus dachte sich, irgendwie hat der Schlitten etwas Schieflage. Oder lag es am übermäßigen Glühweingenuss von gestern? Er blickte an seinem Schlitten herab. Oh nein, die linke Kufe des Schlittens schaute in eine Richtung, für die sie auf keinen Fall gedacht war. Sie war gebrochen und streckte ihr Metall weit vom Schlitten weg in den Wald hinein.

Der Nikolaus seufzte eine große Atemwolke aus seinen Bart heraus. Die Saison fängt ja gut an, dachte er sich. Er beugte sich zum Handschuhfach seines Schlittens und suchte vergeblich nach einem gelben Kärtchen von der Pannenhilfe. Naja, dachte er, zu dieser Jahreszeit bräuchte es auch wirklich kein gekühltes Handschuhfach mehr, da könne er getrost darauf verzichten. Aber die neuartigen Schlitten haben einfach zuviel Schnickschnack für seinen Geschmack. Er fand kein Kärtchen. Nur unter dem Beifahrersitz war doch immer ein kleiner Gedichtekasten.

Die Rettung

Tatsächlich ertastete sich der Nikolaus eine harte Kiste, und unter dem Rauhreif stand auch „Gedichtekasten“ darauf.

Puh, dachte sich der Nikolaus, ohne seinen Gedichtekasten wäre er aufgeschmissen gewesen. Dann erinnerte er sich an einen Kumpel, von dem er gehört hatte, dass der auch immer um diese Jahreszeit unterwegs war, achja, der Weihnachtsmann. Den könnte er noch zu Hilfe rufen. Aber da fiel ihm ein, dass er den Weihnachtsmann nur aus dem Fernsehen kannte, stimmt, das war gar keine Figur, die es wirklich gab, sondern es war nur eine Erfindung der Werbung.  So blieb er also doch allein in dieser Schneelandschaft, die sich nun doch gar nicht so freundlich zeigte, zusammen mit seinen treuen Elchen.

Die Enttäuschung und der Auftrag

Der Nikolaus zog den Gedichtekasten aus dem Schlitten, dachte kurz daran, wie dieser Kasten ihm in letzter Zeit bei vielen Pannen schon geholfen hatte, und öffnete ihn. Ach herrje, kein einziges Gedicht befand sich mehr in dem Kasten, mit der er die Kufe hätte reparieren können. Vorsichtig nahm er den Einlageboden heraus, um zu den kleineren Dingen zu kommen, doch auch hier, nichtmal ein kurzer Spruch oder ein kleines Dankeschön war dort zu finden. Dabei hatte er so oft kleine Dankeschöns, die er so auf dem Weg gefunden hatte, immer wieder mal eingesammelt, wer weiß, zu was man sowas mal brauchen könnte.

Nun dachte sich der Nikolaus, naja, dann wird es jetzt aber Zeit, dass die Kinder wieder ein paar Gedichte aufsagen und zu ihm schicken, oder ein paar kleine Sprüche oder Dankeschöns, damit er wieder Werkzeug zum Reparieren hatte. Die Elche warten schon ungeduldig, bis sie sich wieder bewegen und der Kälte trotzen können.

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